Johann „Rukeli“ Trollmann
(geb. 1907 in Wilsche bei Gifhorn – ermordet 1944 im Außenlager Wittenberge bei Hamburg)
„Die Zuschauer trauen ihren Augen nicht. Aus ‚Gipsy’ Trollmann ist ein blonder Hans geworden. Er hat sich die schwarzen Haare gefärbt und seinen Kampfstil total geändert. Trollmann steppt und tänzelt nicht mehr, sondern steht festgewurzelt wie eine ‚deutsche Eiche’, persifliert das rassistische Klischee.” *
Johann Wilhelm „Rukeli“ Trollmann demonstrierte in seinem letzten Kampf als Boxer gegen das NS-Regime und wurde als Angehöriger einer Sinto-Familie ermordet.
Trollmann war ein deutscher Boxer und wuchs als Sohn sinto-deutscher Eltern in Hannover auf. Der Name „Rukeli“ ist abgeleitet aus dem Romanes und bedeutet Baum. Bereits im Alter von acht Jahren begann er mit dem Boxtraining, gewann im Amateurbereich bald zahlreiche Meisterschaften und wurde schließlich zum Profi im Schwergewicht. Sein markanter Boxstil, der mit einer schnellen „tänzelnden” Beinarbeit einherging, machte ihn beim Publikum überaus beliebt.
In der Sportpresse wurde ihm der Spitzname „Gipsy” wie ein Stempel auferlegt und sein Kampfstil galt den Nationalsozialisten als „undeutsch“. Sie empfanden es als empörende Schmach, dass der Sinto Johann Wilhelm Trollmann gegen den vermeintlich „rassisch überlegenen“ Adolf Witt die deutsche Meisterschaft 1933 gewann. Der Titel wurde ihm kurz darauf aberkannt. Sein nächster Kampf, bei dem er gegen Gustav Eder in den Ring stieg, wurde zur instrumentalisierten Showvorstellung, bei der Trollmann nur verlieren konnte. Aus Protest gegen die rassistische Diskriminierung erschien er mit blondgefärbten Haaren und weiß gepudertem Gesicht. Per Auflage und unter Androhung des Entzugs seiner Boxlizenz, wurde ihm sein typisch filigraner Kampfstil untersagt. Auch leistete er wenig Gegenwehr, wodurch er in diesem, seinem letzten öffentlichen Kampf, nach fünf Runden K.o. geschlagen wurde.
1935 wurde Trollmann von den Nazis zwangssterilisiert und vier Jahre später von der Wehrmacht eingezogen. 1942 deportierten ihn die Nazis zur Zwangsarbeit ins KZ Neuengamme. Seine Boxkarriere war bekannt, sodass er häufiger von KZ-Aufsehern zum Kampf herausgefordert – und 1944 in einem Außenlager in Wittenberge erschlagen wurde. „Rukeli“ Trollmann ist eines von bis zu 500.000 Opfern des nationalsozialistischen Völkermordes an den europäischen Sinti:zze und Rom:nja.
* Krausnick, M., Wo sind sie hingekommen? Der unterschlagene Völkermord an den Sinti und Roma, Gerlingen 1995.