Methode 3: Punkteübung - Gruppenarbeit zur Konstruktion von Gruppenzugehörigkeiten

Punkteübung - Gruppenarbeit zur Konstruktion von Gruppenzugehörigkeiten

Lernziele 

Die TN werden erfahrungsbasiert dafür sensibilisiert, Gruppenbildungsprozesse und soziale Ein- und Ausschlussmechanismen zu erkennen und zu hinterfragen. Sie reflektieren, welche Merkmale sie selbst anwenden, um sich und andere Gruppen zuzuordnen.

Die TN reflektieren den zuvor erlebten Gruppenbildungsprozess. Sie verstehen, dass Vorurteile und (Gruppen-) Zuschreibungen soziale Konstrukte darstellen. Sie verstehen, warum diese Zuschreibungen auf psychosozialer Ebene dennoch so attraktiv sind, und können dies auch auf die subjektive Ebene beziehen.

Die TN beziehen die Wirkungen von Ein- und Ausschlüssen durch Gruppen auf das Thema Toleranz und ihre Vorstellungen von einem guten Miteinander.

Übung (25 Min) 

Die TN werden jeweils mit einem Aufkleber unterschiedlicher Farben oder Formen auf der Stirn markiert. Die Markierungen unterscheiden sie voneinander. Die TN sollen den eigenen Klebepunkt nicht sehen können, deshalb werden sie aufgefordert die Augen zu schließen, während die TM sie ihnen aufkleben. Zwei der anwesenden TN erhalten keine Markierung – ohne, dass sie darüber informiert werden.

Nun erhalten die TN ihre Aufgabe, für die sie 10 Minuten Zeit haben: „Stellt euch, ohne miteinander zu sprechen, in Gruppen auf. Ihr dürft immer wieder in eine andere Gruppe wechseln, wenn ihr das Gefühl habt, dass eure Gruppe nicht mehr zu euch passt. Ihr dürft auch anderen Zeichen machen, um sie in eine andere Gruppe zu schicken. Aber ihr dürft eben nicht miteinander reden. Nach 10 Minuten solltet ihr eure Gruppe gefunden haben.“

Nach Ablauf der Zeit und Abschluss der Gruppenbildung setzen sich die TN in ihren Gruppen zusammen. Alle erhalten einen Stift und ein Blatt. Sie bekommen fünf Minuten Zeit, um einzeln die Frage „Welche Merkmale/Eigenschaften haben uns zu einer Gruppe gemacht?“ zu beantworten. Sie sollen dabei nicht miteinander sprechen. Es können Stichpunkte geschrieben werden oder auch etwas gemalt werden. Die TN haben für diese Einzelarbeitsphase 10 Minuten Zeit.

Auswertung (25 Min)

Die TN finden sich im Stuhlkreis zusammen und reflektieren im gemeinsamen Gespräch den Gruppenbildungsprozess und seine Umsetzung. Folgende Fragen können diskutiert werden:

  • Wie fühlt ihr euch in euren Gruppen?
  • Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr aus einer Gruppe ausgeschlossen wurdet?
  • An jede Gruppe:
    • Was macht euch zu einer Gruppe?
  • Welche Rolle spielten für euch die Aufkleber für das Finden von Gruppen?
  • Was ist passiert, bis ihr zu einer Gruppe geworden seid?
  • Wie habt ihr euch während der Übung gefühlt? Gab es Momente, in denen ihr euch willkommen/ akzeptiert/ ausgegrenzt gefühlt habt?
  • Wer hat darüber entschieden, ob man am Ende zu einer Gruppe passt oder nicht?
  • Kennt ihr Beispiele dafür, dass Menschen sich aufgrund von Merkmalen zu Gruppen zusammenfinden oder von Gruppen ausgeschlossen werden?
  • Kennt ihr Beispiele dafür, dass Menschen zu einer bestimmten Gruppe zugeteilt wurden, obwohl sie gar nicht in diese Gruppe wollen oder nicht finden, dass sie dort reinpassen?
  • Warum glaubt ihr finden sich Menschen gern in Gruppen zusammen? 

Abschließend erfolgt eine zusammenführende Visualisierung durch die TM, die kurz erklärt wird.

Zuletzt soll auch kurz thematisiert werden, was gegen Ausgrenzung und das oberflächliche Bilden von Gruppen getan werden kann:

  • Was glaubt ihr, kann man machen, um zu verhindern, dass Gruppen nur wegen oberflächlichen Merkmalen gebildet werden?
  • Was kann man machen, damit jede Person in die Gruppe kann, in die sie auch will?
  • Was kann man machen, damit sich niemand von Gruppen ausgeschlossen fühlt?

Die Beiträge der TN zu diesen handlungsorientierten Fragen werden ebenfalls in das Schaubild integriert.

Hinweise

In der Gruppenfindungsphase sprechen die TM nicht mit den TN.

Die TM sollten während der Einzelarbeitsphase nach der Gruppenfindung unterstützend umhergehen. Wenn TN noch nicht so gut schreiben können, kann ihnen ein Flipchart mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten (Klebepunkte, Aussehen, Freundschaften, Alter,…) präsentiert werden. Sie sollen dann nur ein Kreuz für ihre Antwort setzen.

Die TM können zentrale Aussagen und Ergebnisse des Auswertungsgesprächs auf Moderationskarten visualisieren. Welche Fragen gestellt werden, wird mit Blick auf die Zeit und prozessorientiert entschieden. Es sollte jedoch unbedingt auch darauf eingegangen werden, wie es den TN geht, die am Ende der Übung in keiner Gruppe waren. 

Während der Auswertung sollte herausgearbeitet werden, inwiefern äußerliche Merkmale und Zuschreibungen eine Rolle für das Bilden von Gruppen gespielt haben. Die TM sollten einbringen, dass eine Abgrenzung von anderen dazu beiträgt, sich der eigenen Identität (als Gruppe) sicher zu sein. Sollten Andere dabei abgewertet werden, geht dies einher mit der Aufwertung des eigenen.

Es sollte zudem in der Diskussion deutlich werden, dass jede Gruppenidentität etwas ist, dass wir selbst herstellen und das nicht unveränderbar oder natürlich ist. Insbesondere deshalb, weil die Merkmale oder Eigenschaften, die darüber entscheiden, ob wir zu einer Gruppe gehören oder nicht, immer zufällig und willkürlich festgelegt werden können – wie die Verteilung der Klebepunkte durch die TM.

Die beiden letzten Fragen für die Auswertung sollten unbedingt gestellt werden. Die TM sollten sich hier auch mit eigenen Beispielen einbringen und Formen von Diskriminierungen und Rassismus als Beispiele einbringen.

Foto von Brazil Topno auf Unsplash methode 3

Infobox

Material

-Material-Download 2: Schaubild für die Auswertung
-Klebepunkte in unterschiedlichen Farben oder Formen
-Timer
-Stifte und leere Blätter, Moderationskarten
-Frage „Welche Merkmale/Eigenschaften haben uns zu einer Gruppe gemacht?“ auf einer Moderationskarte/Flipchart visualisiert
-ggf. Flipchart mit Beweggründen für Gruppenfindung

Zeit

50 Minuten

Ab 8 Jahren